Zwischen dem in der Ortsmitte verlaufenden Bächleins Hainsbach, im örtlichen Dialekt auch Hensbach genannt und die parallel verlaufende Fischergasse, war im Anwesen Haus Nr. 16 ½ einmal die Wirtschaft „Zum kühlen Grund“.

Wirtsleute
 
Alois Sommer, geboren im Februar 1880 in Schweinheim, war mit Frau Katharina Fäth, aus der Schweinheimer Gutwerkstrasse verheiratet. Nach dem diese 1906 verstarb, lernte er Frau Agnes May, geboren im Januar 1888, aus Retzbach bei Würzburg kennen. Die Schwester von Agnes war Klosterfrau und als Krankenschwester in Obernau tätig. Dadurch kam man sich über Bekannte und Verwandte in Aschaffenburg näher. Im Jahr 1908 heiratete er Agnes May, da noch Sohn Josef, geboren im Dezember 1904, aus erster Ehe zu versorgen war. Da die Wohnverhältnisse sehr beengt waren, zog die kleine Familie nach Damm, wo dann auch Tochter Maria im August 1909 auf die Welt kam. Doch der „Alwis“ war mehr in Schweinheim als in Damm anzutreffen. Und so entschloss man sich, in das gekaufte Anwesen, in Schweinheim Fischergasse 16½, später Haus Nr. 36, um zu ziehen. In der Häuserbeschreibung der „Fischergasse“ (heute Seebornstraße) schrieb Pfarrer Schweinfest, dass das Haus als Backsteinneubau 1892 erbaut wurde. Im Jahr 1909 erfolgte der Aufbau eines zweiten Stockes sowie im Jahr 1910 der Neubau einer Scheune und Wirtschaft. In dem Haus befand sich auch ein Kolonialwarengeschäft. Ob sich darin schon eine Gaststätte befand oder ob diese erst durch die Eheleute Alois und Agnes Sommer erst eröffnet wurde, ist nach heutiger Sicht leider nicht bekannt. Im Landadressbuch Schweinheim von 1926, ist im Verzeichnis Sommer Alois Gastwirt und Kolonialwaren, Fischergasse 36 aufgeführt.

 Zum Kühlen Grund 1935

Zum Kühlen Grund“, so der Name der Gastwirtschaft, lebte fortan als Familienbetrieb. Sie war eine gut bürgerliche Gaststätte, wo es im Ausschank das Schweinheimer Schwindbier gab und auch Speisen gereicht wurden.
Die Kinder wuchsen heran und es kamen noch Eduard, geboren 1910, Elsa, geboren 1914 und der jüngste Sohn Heinrich, geboren 1922, dazu. Im „Kühlen Grund“ muss es immer fröhlich und lustig zugegangen sein, trafen sich doch dort die Schuhplattler und Trachtenvereine, sowie die Darsteller und Mitspieler der damaligen Passionsspiele von 1933.
Die großen Kastanienbäume und die Gartenlauben mit ihren originellen Wandmalereien und dem herrlichen Blick in den Wiesengrund müssen die Gäste immer wieder angezogen haben. Das Besondere aber war der quadratische Turm mit den sanitären Anlagen, der mit seinem schönen geschwungenen Dach einen besonderen Reiz darstellte.
Die Jahre zogen ins Land, die mittlerweile erwachsenen Kinder gingen ihren Weg und keines der beiden Mädchen wollte die Gastwirtschaft übernehmen. Tochter Maria war schon außer Haus und lebte mit ihrem Schweinheimer Ehemann Adam Fäth, geboren im September 1902, im elterlichen Anwesen ihres Mannes in der Schulzengasse. Auch Tochter Elsa war seit 1938 mit dem Schweinheimer Hans Kolb, geboren im November 1914, aus der Feldchenstraße 1 verheiratet. (Zur damaligen Zeit waren die ungeraden Hausnummern in der Feldchenstraße auf der rechten Seite.)
 
1939 kam dann das „Aus“ der Gaststätte „Zum Kühlen Grund“. Nach der Eingemeindung 1939 wurde aus der Fischergasse die heutige Seebornstraße, da es schon eine Fischergasse in Aschaffenburg gab. Doch all die Enkel gingen weiterhin in die Fischergasse zu „Fischeroma und Fischeropa“. Die Seebornstraße existierte für die Sommers nur auf dem Papier, nicht aber in den Köpfen. Nachdem die Gastwirtschaft geschlossen war, stieg Alois Sommer in das Baugewerbe ein. So manches Haus in Schweinheim trägt seine Handschrift. Alle Hoffnung ruhte nun auf Heinrich, dem jüngsten Sohn, der zuerst die private Handels-Schule Kraus und anschließend die Schule für das Bau- und Holzgewerbe in Aschaffenburg besuchte, um dann in das Baugeschäft mit einzusteigen. Doch dann kam der Krieg. Mit der Nachricht:  „Heinrich Sommer, geboren im November 1922, gefallen am 26.2.1944 im Osten“, war für Alois und Agnes Sommer auch dieser Traum ausgeträumt. Als dann noch der Schwiegersohn Hans Kolb im Oktober 1944 als vermisst gemeldet wurde und keine Hoffnung mehr auf eine Wiederkehr bestand, zog 1948 Tochter Elsa mit ihren beiden Kindern Betty, geboren 1938 und Horst, geboren 1944 zu ihren Eltern Alois und Agnes Sommer in die umgebauten Wirtschaftsräume der ehemaligen Gaststätte „Zum Kühlen Grund“ zurück. Die großen Kastanienbäume waren längst nicht mehr. Die Einschnitte auf dem Podest, durch welche die Kastanienbäume einst wuchsen, waren lange zubetoniert. Das Podest diente den Kindern nun als Spiel- und Ruheplatz. Die Lauben mit den fröhlichen Zechern an den Wänden wurden fortan als Holzhalle und Abstellraum genutzt. Die Lamberie (Wandverkleidung aus Holz) und die bunten Fliesen waren die letzten stummen Zeugen einer längst vergangenen Epoche. Der Zahn der Zeit nagte weiter. Das Podest, das baufällig wurde, musste abgetragen werden und auch der Turm stand im Weg.
Agnes Sommer verstarb im Februar 1962 und Alois im April 1968. Beide fanden ihre letzte Ruhestätte auf dem Schweinheimer Friedhof.

Wie heißt es doch so schön:

„Das Rad der Zeit bleibt niemals steh’n.

Was daraus wird, wir werden sehn.

Ob du, ob ich, es ist egal.

Zum Schluss heißt’s nur: Es war einmal."

Mit seiner Lebenspartnerin Daniela hat heute Markus Kolb, der jüngste Sohn von Horst Kolb, der leider schon 1999 verstorben ist und seiner Ehefrau Erika, geborene Kropp ein neues modernes Wohnhaus gebaut. So lebt heute der Urenkel von Alois und Agnes Sommer auf dem Grund und Boden der ehemaligen Gaststätte „Zum Kühlen Grund“

Neubau in der Seebornstraße
Der Neubau in der Seebornstraße 2008  
 
Dieser authentische Bericht wurde in Zusammenarbeit mit Betty Sommer erstellt.